25. Sitzung im Plenum am 16.03.2006
Anrede,
das Zuwanderungsgesetz ist besser als sein Ruf. Insbesondere im humanitären Bereich darf nicht übersehen werden, dass durch die Anerkennung nicht staatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung deutliche Fortschritte erzielt worden sind. Alle Versuche, das Asylrecht im Zuge der Zuwanderungsdebatte noch stärker einzuschränken, konnten abgewehrt werden.
Dennoch gibt es Reihe von Punkten, bei denen im Zuge der Verhandlungen zum Zuwanderungsgesetz keine Einigkeit erzielt werden konnte. Eine Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete, wie sie die FDP-Bundestagsfraktion nachhaltig vertreten hat, war mit der CDU/CSU nicht machbar, stieß aber auch auf den Widerstand großer Teile der SPD.
Die Residenzpflicht von Geduldeten, ein überholtes Relikt, ist ebenso geblieben wie die Verweigerung des Zugangs zum Arbeitsmarkt für Geduldete. Das bedeutet, dass Integration behindert wird, und zwar ganz bewusst, und führt zu unnötigem Neid, weil Geduldete von staatlichen Transferleistungen leben, ohne dass ihnen die Chance gegeben wird, selbst ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Dass die Problematik der mit dem Aufenthalt von „Illegalen“ verbundenen Personen im Zuwanderungsgesetz nicht angegangen wurde, war kürzlich schon Gegenstand einer Plenumsdebatte. Besonders dringender Nachbesserungsbedarf besteht hinsichtlich § 25 des Aufenthaltsgesetzes. Während der Beratungen zum Zuwanderungsgesetz waren sich alle Seiten einig, dass Kettenduldungen unerwünscht sind. Die betroffenen Personen haben Anspruch darauf, in angemessener Zeit Klarheit über ihr weiteres Schicksal zu erhalten.
Die unabhängige Kommission „Zuwanderung“ unter Vorsitz von Frau Prof. Dr. Rita Süssmuth hat in ihrem Bericht vom 04.07.2001 auf Seite 166 dargestellt, dass die Rechtspraxis der „Kettenduldungen“ unzulänglich sei.
Auch nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes hat sich an diesem Befund leider nichts geändert. Der unbestimmte Rechtsbegriff des „Ausreisehindernisses“ wird von den Bundesländern sehr unterschiedlich interpretiert. Wenn das Ziel, Kettenduldungen abzuschaffen, tatsächlich erreicht werden soll, darf nicht auf eine objektive Unmöglichkeit der Ausreise abgestellt werden. Es bedarf vielmehr einer gesetzlichen Klarstellung, dass auch dann, wenn die Rückkehr unzumutbar ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden muss. Es wäre wünschenswert, als Regelbeispiel in das Gesetz aufzunehmen, dass die Unzumutbarkeit einer Rückkehr sich insbesondere aus gelungener
Integration ergeben kann. Langjähriger Aufenthalt kann dafür ein entscheidendes Kriterium sein. In der Bevölkerung wird auch nicht verstanden, warum Familien, deren Kinder in Deutschland aufgewachsen sind und hier die Schule besuchen, abgeschoben werden, obwohl sie bestens integriert sind. Auf diese Weise tragen Unklarheiten des Gesetzes dazu bei, dass gerade Personen, deren Aufenthalt in Deutschland unter dem Aspekt der Integration keinerlei Probleme bereitet, entweder hier unter dem Damoklesschwert der Nichtverlängerung ihrer Duldung leben oder am Ende ganz abgeschoben werden.
Deswegen ist es an der Zeit, die Ankündigung des damaligen Bundesinnenministers Otto Schily, das neue Zuwanderungsrecht werde weitgehend mit der Praxis der Kettenduldung Schluss machen, jetzt endlich in die Tat umzusetzen. Die FDP-Bundestagsfraktion ist bereit, daran konstruktiv mitzuwirken.