Dr. Max Stadler Archiv Reden


Rede vom 05.09.2006

Rede in der Haushaltsdebatte zur Innenpolitik

Präsident Dr. Norbert Lammert:
Das Wort hat nun der Kollege Dr. Max Stadler für die FDP-Fraktion.
Dr. Max Stadler (FDP):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der geschätzte Kollege Hartmann hat am Ende der letzten Haushaltsdebatte die Gemeinsamkeit aller Fraktionen bei der inneren Sicherheit beschworen. Wir von der FDP können dem zustimmen, aber nur teilweise. Wie Kollegin Gisela Piltz vorhin richtig ausgeführt hat, tragen wir Maßnahmen, die die innere Sicherheit wirklich erhöhen, mit, wenn sie verfassungsgemäß sind.
(Beifall bei der FDP)
Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Wer entscheidet das? Das Bundesverfassungsgericht. Es musste leider des Öfteren die Entscheidung treffen, dass Gesetze, die hier mit Mehrheit verabschiedet worden sind, nicht dem Grundgesetz entsprechen.
Wir meinen, die richtige Reaktion darauf ist nicht, die Karlsruher Richter in die Ecke der Weltfremden zu stellen. Die richtige Reaktion ist vielmehr, sich künftig an die Vorgaben der Verfassung zu halten.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Verehrter Herr Kollege Brandt, wer sich gegen überzogene Überwachung ausspricht, hat doch nicht selber etwas zu verbergen.
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Na ja!)
Das ist ein typischer Kurzschluss, der hier zwar ein wenig Heiterkeit hervorgerufen hat. In Wahrheit ist das ein Argument, dem man in der Sicherheitsdebatte oft begegnet. Es ist ein Argument, mit dem das Bemühen um die Einhaltung der Verhältnismäßigkeit der Mittel diskreditiert wird. Deswegen kann dieses Argument hier nicht gelten.
(Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Die Leute haben Angst vor Anschlägen und nicht vor Überwachung!)
Sicherheitspolitik ist nicht etwa nur Polizeirecht. Deswegen unterstützen wir Sie, Herr Minister Schäuble, wenn Sie mit dem Islamgipfel einen Dialog beginnen und wenn Sie das Versprechen einhalten, das Sie in einem Interview gegeben haben, nämlich bei der Einladung die Gesprächspartner ohne Tabu auszuwählen.
Aber Sicherheitspolitik ist im Wesentlichen natürlich polizeiliches Handeln. Wir haben bei Ihren Ausführungen heute in der Debatte wieder gehört, dass man angesichts der Bedrohung immer mehr in den präventiven Bereich hineingehen müsse; es komme darauf an, Straftaten schon im Vorfeld zu erkennen und zu verhindern. Wer möchte dem widersprechen? Aber wir müssen uns ebenso bewusst sein, dass darin auch eine Gefahr liegt. Erinnern wir uns an die klaren Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, etwa wann polizeiliches Abhören von Telefonaten oder eine Rasterfahndung vorbeugend zulässig sein darf. Man merkt, dass bei der von Ihnen vorhin favorisierten Tätigkeit der Geheimdienste die Kriterien für die Eingriffe nicht so klar sind. Geheimdienste dürfen definitionsgemäß viel mehr. Dadurch geraten viel mehr Unverdächtige in ihr Visier. Das ist der eigentliche Kern des Streits darüber, warum es nicht richtig sein konnte, Dateien der Geheimdienste allen Sicherheitsbehörden eins zu eins zur Verfügung zu stellen.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Auch dafür muss es genaue Kriterien geben.
Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas erwähnen, worin ich Sie unterstütze, Herr Minister Schäuble. Sie sagten, wenn wir – die Koalition will das ja demnächst in die Gesetzgebung einbringen – den Geheimdiensten mehr Befugnisse gäben, wäre auch mehr Kontrolle erforderlich. Das ist genau das richtige Gegengewicht. Wir von der FDP verstehen nicht, warum Sie als Koalition dann nicht unserem Entwurf eines Gesetzes zur besseren parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste näher treten.
Ich möchte mit der Bitte an Sie schließen, doch auch die personellen Ressourcen bei den Diensten sinnvoll einzusetzen. Ich habe heute zufällig den bayerischen Verfassungsschutzbericht in die Hände bekommen; beim Bund ist es nicht besser. Ich lese Ihnen vor, was im bayerischen Verfassungsschutzbericht auf Seite – –
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Stadler, das wird nur schwer gehen.
Dr. Max Stadler (FDP):
Herr Präsident, dieses Zitat wird auch Sie erfreuen
(Heiterkeit)
und Ihre Kenntnisse über die Arbeit der Geheimdienste erweitern.
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Ich lasse mich einmal auf dieses Geschäft ein, Herr Stadler.
Dr. Max Stadler (FDP):
Gestatten Sie, dass ich Ihnen aber doch noch mitteile, was dort auf Seite 169 zu lesen ist. Über einen PDS-Parteitag heißt es:
Gregor Gysi betonte, dass der Staatssozialismus zu Recht gescheitert sei.
Meine Damen und Herren, das habe ich auch auf Phoenix gesehen. Bitte setzen Sie das Personal sinnvoll ein, dann wird die FDP auch einer Aufstockung der Haushaltsmittel hierfür zustimmen.
Vielen Dank, Herr Präsident.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Stadler, es wäre in der Tat ein Jammer gewesen, wenn ich dieses Zitat nicht gehört hätte.
(Heiterkeit)
Nun hat das Wort der Kollege Sebastian Edathy für die SPD-Fraktion. Den zahlreichen bereits vorgetragenen Glückwünschen zu seinem heutigen Geburtstag schließt sich das Präsidium vollinhaltlich an.
(Beifall)


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