Anrede,
seit Tagen wird landauf landab intensiv darüber diskutiert, dass im großen Umfang die Möglichkeiten des Bankensystems in Liechtenstein auch von Deutschen dazu genutzt wurden, Steuern in erheblicher Höhe zu hinterziehen. Die FDP ist selbstverständlich der Auffassung, dass solche Delikte wie alle anderen Straftaten auch verfolgt und bestraft werden müssen. Ebenso wie bei allen anderen Straftaten sind dabei die rechtsstaatlichen Regeln strikt einzuhalten.
Ob dies der Fall war, erscheint allerdings sehr zweifelhaft. Die für Steuerdelikte richtigerweise zuständige Steuerfahndung hat ihre Ermittlungen gemeinschaftlich mit dem Bundesnachrichtendienst durchgeführt. Letzterer ist unstrittig für die Aufklärung von Steuerhinterziehung nicht zuständig.
Die Einhaltung der jeweiligen Kompetenzen ist durchaus sehr wichtig: Die Steuerfahndung ist bei ihren strafrechtlichen Ermittlungen an die Vorschriften der Strafprozessordnung gebunden. Dies darf nicht dadurch umgangen werden, dass in Strafverfahren plötzlich geheimdienstliche Ermittlungsmethoden einfließen, indem der Bundesnachrichtendienst über den Umweg der „Amtshilfe“ beigezogen wird.
Genau dies ist aber im Fall Liechtenstein geschehen. Es handelt sich also um einen in jeder Hinsicht bedeutsamen Vorgang aus der Tätigkeit des Bundesnachrichtendienstes. Deshalb bestand für die Bundesregierung die gesetzliche Verpflichtung, das Parlamentarische Kontrollgremium hierüber zu unterrichten. Dies ist nicht rechtzeitig geschehen.
Dieser aktuelle Vorgang zeigt, dass die Arbeit des Parlamentarischen Kontrollgremiums dringend reformbedürftig ist. Die deutschen Nachrichtendienste haben zur Erfüllung ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit in den letzten Jahren immer mehr Befugnisse bekommen. Demgemäß muss auch die Parlamentarische Kontrolle effektiver werden. Hierfür hat die FDP-Bundestagsfraktion am 05.04.2006 einen eigenen Gesetzentwurf zur Änderung des Kontrollgremiumgesetzes eingebracht.
Es ist ein nahezu skandalöses Versäumnis der Großen Koalition, dass dieser konkrete Reformvorschlag der FDP bisher keine Zustimmung bei der SPD und der CDU/CSU gefunden hat. Während bei einzelnen Unionsabgeordneten durchaus Gesprächsbereitschaft bestand, wollte die SPD mit dem fadenscheinigen Argument, man müsse erst die Beendigung des BND-Untersuchungsausschusses abwarten, das Thema auf die lange Bank schieben.
Das geht jetzt nicht mehr, weil die Bundesregierung das Kontrollgremium in der Liechtenschein-Affäre zum wiederholten Male missachtet hat und nunmehr endlich auch die Sozialdemokraten einsehen, dass das Parlament sich eine faktische Schwächung der Kontrollrechte nicht mehr länger bieten lassen kann.
Deswegen ist es erfreulich, dass endlich fraktionsübergreifende Gespräche vereinbart werden konnten. Die FDP wird auf der Basis des eigenen Gesetzentwurfes dazu beitragen, dass am Ende eine gemeinsame Lösung stehen könnte, mit der das Parlament seine Kontrollbefugnis gegenüber der Bundesregierung und den Nachrichtendiensten besser erfüllen kann.
Auch aus dem heute zu beratenden Antrag der Grünen „Für eine wirksamere Kontrolle der Geheimdienste“ können dabei einige Gedanken in die im April beginnenden fraktionsübergreifenden Gespräch eingeführt werden. Somit ist festzustellen, dass die FDP das Grundanliegen des Antrags der Grünen teilt, jedoch nicht bei allen Einzelfragen den Lösungsvorschlägen der Grünen zustimmt. Dies heute im Detail zu erörtern, erübrigt sich, da ja - wie schon dargestellt - schon in der übernächsten Sitzungswoche die Berichterstattergespräche zu der überfälligen Reform beginnen.
Die FDP enthält sich daher der Stimme hinsichtlich des Antrages der Grünen. Das Reformvorhaben als solches werden wir aber mit aller Kraft vorantreiben.