Dr. Max Stadler Archiv Reden


Rede vom 02.07.2009

Verhaltenskodex für ausscheidende Regierungsmitglieder

Anrede,

wir alle stimmen darin überein, dass eine private Verwertung von Amtswissen nach dem Ausscheiden aus dem Amt das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität des Regierungshandelns und des öffentlichen Dienstes beeinträchtigen kann.

An sich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass sich Mitglieder der Bundesregierung, Parlamentarische Staatssekretäre und politische Beamte auch nach ihrem Ausscheiden der Würde ihres früheres Amtes gemäß verhalten, Interessenkonflikte vermeiden und alles unterlassen, was das Ansehen staatlichen Handelns und das Vertrauen der Allgemeinheit in dessen Integrität gefährden kann.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Nicht jeder Wechsel eines Ministers, eines Parlamentarisches Staatssekretärs oder eines politischen Beamten, wozu auch beamtete Staatssekretäre zählen, begründet per se einen Interessenkonflikt und ist per se geeignet, das Ansehen staatlichen Handelns zu gefährden. Im Gegenteil: Gerade für Minister und Parlamentarische Staatssekretäre gilt: Sie sind keine Beamten. Ihre Amtszeit ist begrenzt. Sie können jederzeit entlassen werden. Dann muss es ihnen auch möglich sein, nach dem Ausscheiden aus dem Amt in den früheren Beruf zurückzukehren oder sich eine neue berufliche Existenz aufzubauen. Das ist schon mit Blick auf die Freiheit der Berufsausübung geboten.

Es kann daher nur um solche Fälle gehen, bei denen die Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Bereichs beabsichtigt ist, die im Zusammenhang mit der früheren dienstlichen Tätigkeit steht. In solchen Fällen ist eine Anzeigepflicht gegenüber der Bundesregierung vorzusehen. Es ist dann Aufgabe der Bundesregierung, die Art der geplanten Tätigkeit zu prüfen. Droht eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen, kann die Bundesregierung dem früheren Minister oder Parlamentarischen Staatssekretär die Beschäftigung untersagen. Was den zeitlichen Rahmen der Anzeigepflicht anbetrifft, ist zu beachten, dass für Minister und Parlamentarische Staatssekretäre das Lebenszeitprinzip nicht gilt. Der zeitliche Rahmen muss deshalb unterhalb der für Beamte geltenden Regelung von drei bzw. fünf Jahren bleiben. In dem Antrag der FDP-Bundestagsfraktion wird insoweit ein Zeitraum von zwei Jahren vorgeschlagen. Das ist angemessen und trägt dem Grundsatz der Freiheit der Berufsausübung Rechnung. Zudem spricht sich die FDP für eine Regelung durch Verhaltenskodex aus. Eine gesetzliche Regelung scheint uns nicht angezeigt und auch nicht angemessen. Schon aus diesem Grund sind die Anträge der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für die FDP-Bundestagsfraktion so nicht zustimmungsfähig. Hinzu kommt bei dem Antrag der Linksfraktion die deutlich zu lang bemessene Frist von fünf Jahren nach Ausscheiden aus dem Amt. Hier ergeben sich bereits verfassungsrechtliche Bedenken mit Blick auf die Berufsfreiheit. Keiner weiteren Erwähnung bedarf der Antrag der Linksfraktion auf BT-Drucksache 16/13366 vom 17. Juni 2009, der den Wechsel zu Unternehmen betrifft, die mit Steuergeldern vor der Insolvenz gerettet worden sind. Der Antrag ist viel zu unbestimmt und in populistischer Absicht mit heißer Nadel gestrickt.

Offen bleibt ein ganz wichtiger anderer Punkt, den die FDP-Bundestagsfraktion bereits in der letzten Wahlperiode angesprochen hat. Gemeint sind Fälle, in denen Beamte ohne Versorgungsbezüge ausscheiden. Hierbei handelt es sich zumeist um Mitarbeiter mit besonderen Kenntnissen und einem erheblichen „Marktwert“, bei denen der neue Arbeitgeber die Versorgung gleich mit übernimmt. In solchen Fällen gelten die beamtenrechtlichen Anzeigepflichten bislang nicht. Die Sachverständigen haben die Notwendigkeit einer Ausweitung der einschlägigen Vorschriften auf Fälle, in denen ehemalige Beamte ohne Versorgungsbezüge ausscheiden, in der Anhörung des Innenausschusses am 15. Juni 2009 noch einmal betont. Die FDP-Bundestagsfraktion hatte dies bereits in ihrem Antrag „Regeln und Grenzen für den Personalwechsel vom öffentlichen Dienst zur Wirtschaft“ vom 22. September 2004 auf BT-Drucksache 15/3739 angeregt. Leider kam dieser Antrag wegen des vorzeitigen Endes der 15. Wahlperiode nicht mehr zur Abstimmung. Wir alle sollten diesen Ansatz in der nächsten Wahlperiode weiter verfolgen.


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