Dr. Max Stadler Archiv Reden


Rede vom 18.06.2009

Rechtsklarheit und Transparenz schaffen

Antrag Bündnis 90/Die Grünen
Rechtsklarheit und Transparenz schaffen- Öffentlichkeit von Aufsichtsratssitzungen kommunaler Gesellschaften bundesrechtlich eindeutig normieren

Das in dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen formulierte Anliegen, durch eine klare bundesrechtliche Regelung die Öffentlichkeit von Aufsichtsratssitzungen kommunaler Gesellschaften zuzulassen, wird von der FDP-Bundestagsfraktion seit langem unterstützt. Die FDP hat einen ähnlichen Vorstoß bereits früher unternommen, ist dabei leider ebenso wenig auf Gegenliebe bei der großen Koalition gestoßen, wie dies auch heute wieder zu erwarten ist.

Die Debatte in der ersten Lesung sowie in den Ausschüssen hat gezeigt, dass die Koalition irrtümlich der Meinung ist, es bestehe kein Regelungsbedarf. Immer wieder wird behauptet, dass dieses Problem nur einige wenige Kommunalpolitiker interessiere.

Dem ist entgegenzuhalten, dass beispielsweise in Bayern zu dieser Thematik Verwaltungsgerichtsstreitigkeiten bis zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geführt worden sind, und dass es in vielen Städten und Gemeinden lebhafte Debatten über mehr Transparenz bei kommunalen Gesellschaften gibt. Für viele Bürgerinnen und Bürger ist es nicht einsichtig, warum wegen einer reinen Rechtsformänderung bisher nach Kommunalrecht öffentlich zu diskutierende Sachverhalte plötzlich hinter verschlossenen Türen behandelt werden. Die Leichtigkeit, mit der sich die große Koalition über das berechtigte Anliegen nach mehr Transparenz hinwegsetzt, zeugt leider entweder von Arroganz oder von Ignoranz. Beides ist gleich schlimm.

Soweit die Koalition überhaupt sachlich auf das Transparenz-Anliegen eingeht, gibt sie mit ihrer Verweigerungshaltung aber Steine statt Brot. Zum einen wird behauptet, die Kommunen könnten sich ja anderer Organisationsformen bedienen, bei denen der Nichtöffentlichkeitsgrundsatz des Gesellschaftsrechts nicht gelte.

Es mag ja sein, dass der Weg der bloßen Organisationsprivatisierungen und der Überführung kommunaler Dienststellen in Gesellschaften mit beschränkter Haftung ein Irrweg gewesen ist, der hauptsächlich aus dem Ruder laufende Schattenhaushalte und überzogene Geschäftsführergehälter produziert hat. Gleichwohl ist es ein Faktum, dass - beispielsweise aus steuerlichen Gründen - viele Kommunen diesen Weg gegangen sind und nun eben zahlreiche kommunale GmbHs existieren. Vor dieser Realität kann man nicht einfach die Augen verschließen, sondern muss als Gesetzgeber die passenden Antworten geben.




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Hierzu behauptet die SPD, man könne alle gewünschten Regelungen im Gesellschaftsvertrag unterbringen. Genau dies ist aber unter Juristen äußerst streitig. In Passau, wo die Thematik seit langem öffentlich intensiv diskutiert wird, hat sich dazu kürzlich auf einer Vortragsveranstaltung der renommierte Gesellschaftsrechtler Professor Dr. Jan Wilhelm geäußert. Nach seiner Auffassung darf entsprechend der derzeitigen Rechtslage vom Nichtöffentlichkeitsgrundsatz gerade nicht abgewichen werden.

Daran erkennt man, dass zumindest eine erhebliche Rechtsunsicherheit herrscht. Manche Städte, wie etwa die große Kreisstadt Deggendorf, sind dazu übergegangen, gleichwohl die Sitzungen der Aufsichtsgremien kommunaler Gesellschaften öffentlich durchzuführen. Fachleute wie Professor Wilhelm haben die Sorge geäußert, dass Beschlüsse, die auf diese Weise zustande gekommen sind, anfechtbar seien. Im Hintergrund drohen sogar Schadensersatzansprüche gegen die Aufsichtsräte.

Es ist unverantwortlich, Kommunalpolitiker, die ihre Beratungen der Öffentlichkeit zugänglich machen wollen, mit dieser ihrer guten Absicht alleine zu lassen. Es gibt keinen einsichtigen Grund, warum der Gesetzgeber keine sichere Grundlage für mehr Transparenz schaffen dürfte und sollte. Mit ihrer Untätigkeit verletzt die große Koalition ihre Pflicht, per Gesetz Klarheit und Rechtssicherheit zu schaffen.

Die FDP wird nicht müde werden, das Thema erneut auf die Tagesordnung des Bundestages zu setzen. Es ist zu hoffen, dass in der nächsten Legislaturperiode eine größere Bereitschaft hergestellt werden kann, das einfach zu lösende Thema endlich anzupacken.

Bei dem heute zur Abstimmung stehenden Antrag der Grünen enthält sich die FDP-Fraktion allerdings aus einem bestimmten Grund der Stimme: Die Grünen wollen in die wünschenswerte Neuregelung auch Gesellschaften mit lediglich kommunaler Mehrheitsbeteiligung einbeziehen. Dies könnte rechtlich problematisch sein, weil dann auch private Minderheitsgesellschafter, für die eben traditionell der Nichtöffentlichkeitsgrundsatz gilt, betroffen wären. Aus Sicht der FDP wäre es daher besser, zunächst einmal die Transparenzregelung auf die vollständig in kommunaler Hand befindlichen Gesellschaften zu beziehen.

Wenn wir somit auch dem Antrag der Grünen nicht zustimmen können, sondern uns der Stimme enthalten, bleibt doch zu betonen, dass das Grundanliegen von der FDP seit langem befürwortet wird.


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